Am 5. Juni war es schließlich so weit: nachdem der DAX sich in den Wochen zuvor schrittweise der psychologisch wichtigen 10.000-Punkte-Marke angenähert hatte, gelang ihm nun der Sprung in bisher unbekannte Höhen. Doch wie war die öffentliche Wahrnehmung in Deutschland angesichts dieses für die Finanzwelt historischen Ereignisses? Sie tendierte gegen null. Von einer Euphorie für Börse und Kapitalmärkte ist seitdem jedenfalls nichts zu spüren, stattdessen wird breit die gegenwärtige Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) als „Enteignung der Sparer“ kritisiert. Andere wiederum sagen einen baldigen DAX-Crash voraus. Wie sollte der Privatanleger mit dieser Situation umgehen?

In der Tat ist für die Anleger wichtig, gerade in Hausse-Zeiten kühlen Kopf zu bewahren. Daher ist es auch richtig sich der Frage zu stellen, ob die Entwicklung des DAX nicht schon Überhitzungserscheinungen zeigt, so dass ein Investment zu riskant wäre. Betrachtet man aber den Kursverlauf des Dax in den letzten Jahren und zieht die Dividenden ab, so macht man eine erstaunliche Entdeckung: der Kurs liegt bei lediglich 5.000 Punkten. Damit liegt er aktuell niedriger als bei den Hochs während des Neuen Marktes im Jahr 2000 als der Index bei 6.000 Punkten lag oder aber kurz vor der Finanzkrise im Jahr 2007 als er bei 5.300 Punkten lag. Doch auch ein zweiter Aspekt spricht gegen einen raschen Kurseinbruch. Es ist zwar richtig, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der DAX-Unternehmen in den letzten Monaten gestiegen ist und mit derzeit 13 wieder höher als noch vor einiger Zeit ist. Da dieser Wert allerdings unterhalb des durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnisses der letzten Jahre liegt, besteht eigentlich kein Grund zur Panik. Im Gegenteil: solange die EZB weiterhin auf eine lockere Geldpolitik setzt und die Unternehmen, insgesamt betrachtet, gute Ergebnisse präsentieren, ist von steigenden Aktienkursen in den kommenden Monaten auszugehen.

Somit wäre jetzt eigentlich die Gelegenheit für Privatanleger gekommen, über eine moderate Erhöhung der Aktienquote nachzudenken. Doch warum passiert das jetzt nicht? Warum profitieren international engagierte Investoren von dem Aktien-Boom, Privatanleger aber nicht?

Die Antwort ist relativ einfach: weil die übergroße Mehrheit der Deutschen keine Aktionäre sind und insofern sich mit dem Thema nicht beschäftigen. Die mageren sieben Prozent der Deutschen, die Aktien halten, sind diesbezüglich eine wirklich eindrucksvolle Zahl. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die öffentliche Diskussion eher von denjenigen dominiert wird, die keine Aktien besitzen. Insofern hat sich in den Köpfen ein negatives Bild vom Kapitalmarkt festgesetzt, das man mit den Begriffen „skrupellose Hedgefonds“, „Zocker“ und „soziale Kälte“ in Verbindung bringen kann. Gleichzeitig haben sich die negativen Erfahrungen des Neuen Marktes um die Jahrtausendwende in das kollektive Gedächtnis der Deutschen festgesetzt. Sinnbildlich dafür steht der Niedergang der Telekom-Aktie, die im Jahr 2000 einen Kurs von über 100 Euro hatte, aktuell aber nur mit einem Kurs von 12,50 Euro notiert.

Auch wenn die Aktie in Deutschland nach wie vor einen schweren Stand hat, ist es dringend geboten, auf die Vorteile dieser Anlagemöglichkeit hinzuweisen. Bei allen Risiken ist die Aktie mit einer langfristigen Durchschnittsrendite von 8 Prozent die mit Abstand lukrativste Anlagemöglichkeit. Dies ist in Zeiten andauernd niedriger Zinsen ein durchaus wichtiger Punkt.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: es soll an dieser Stelle nicht darum gehen den Privatanlegern zu empfehlen, ihr ganzes Hab und Gut den Risiken des Kapitalmarktes auszusetzen. Vielmehr sollte nur ein gewisser Anteil des Vermögens aus Aktien bestehen. Wer aber heute glaubt, bei seiner Vermögensplanung auf Aktien komplett verzichten zu können, begeht einen schweren Fehler.