Diese Frage kommt seit Mitte der 90er als die ersten Index trackenden ETFs angeboten wurden immer wieder auf. Die Erfahrung zeigt, nur 20% der aktiv verwalteten Fonds schaffen es langfristig die Benchmark zu schlagen. Deshalb tut sich die Frage auf, sind aktiv gemanagte Fonds überhaupt noch relevant und wenn ja in welcher Form.

Der grundlegende Unterschied zwischen den beiden Anlageformen ist, dass Fondsmanager von aktiv gemanagten Fonds bewusst Aktien und andere Wertpapiere, die sie für unterbewertet halten, kaufen um an der Kursentwicklung teilzuhaben. Genauso verkaufen sie Papiere, wenn sie einen zukünftigen Wertverlust antizipieren.

Index trackende ETFs sind anders aufgebaut, sie können einen Index zu einhundert Prozent durch Kauf der jeweiligen Wertpapiere nachbilden (sog. Full-Replication), einen Index synthetisch mit Derivaten abbilden oder beim Index Sampling nur auf bestimmte Titel aus dem Index setzen.

In einem aktiv gemanagten Fonds hat der Fondsmanager die Möglichkeit, direkt auf Ereignisse zu reagieren. Im Vergleich dazu ergeben sich größere Anpassungen bei einem ETF nur dann, wenn sich der zugrunde liegende Index ändert. Beim DAX wird diese etwa alle 3 Monate überprüft. Auch der MSCI World, einer der weltweit beliebtesten Indizes für ETFs wird vierteljährlich angepasst. So fiel unter anderem die Invasion in der Ukraine durch Russland zwischen zwei Anpassungszyklen, Unternehmen, die besonders vom Krieg und seinen Folgen betroffen waren, konnten also nicht direkt geringer gewichtet werden. In der Regel hängt die Entscheidung, ob ein Unternehmen im Index bleibt oder nicht, von der Marktentwicklung ab, nämlich dann, wenn ein Unternehmen unter eine gewisse Marktkapitalisierung abrutscht.

Ein weiterer Unterschied liegt darin, welche Formen von Wertpapieren gekauft werden. Ein ETF investiert ausschließlich in Wertpapiere aus dem jeweiligen Index. Bei aktiv verwalteten Investmentfonds differenziert man zwischen Aktien-, Rohstoff-, Renten-, Geldmarkt- und Immobilienfonds. Hinzu kommen Mischfonds, die aus allen oben genannten Finanzprodukten zusammengesetzt werden können. Die Flexibilität des Fondsmanagers ist hier oft größer.

Wenn in einem Bärenmarkt ein Index immer weiter absinkt, hat ein Fondsmanager die Möglichkeit durch gezielte Trades der Abwärtsbewegung seines Fonds entgegen zu wirken. Der Manager hat die Möglichkeit die Gewichtungen selbst anzupassen oder auch in andere Assetklassen zu investieren. Wenn also der Aktienmarkt in einer Abwärtsbewegung ist, kann der Fondsmanager zumindest die Cashquote erhöhen oder teilweise in andere Assets umschichten, sofern die Anlagebedingungen des jeweiligen Fonds dies zulassen.

Diese große Auswahl gibt Anlegern insbesondere in Krisenzeiten die Flexibilität auf Fonds zurückzugreifen, die ein defensiveres Risikoprofil haben. Freilich ist auch bei der Auswahl von aktiv verwalteten Fonds der genaue Blick auf die Anlagerichtlinien, die Wertentwicklung der Vergangenheit sowie die Risikokennzahlen empfehlenswert. Und schließlich gilt immer noch die Devise, dass die Asset Allocation, also die Mischung verschiedener Asset-Klassen, langfristig am meisten zum Anlageerfolg beiträgt und somit die wichtigste Entscheidung eines Anlegers sein sollte. Die Zeiten, in denen die Anlagestrategie einfach im Kauf eines Index über einen ETF war, dürften angesichts der momentanen Strukturbrüche aber erst einmal vorüber sein.

Felipe Homberg