„Provisionsbasierte Beratung kann Fehlanreize setzen“, so die Bundesregierung zu dem am 1. August 2014 in Kraft getretenen Honoraranlageberatungsgesetz. Wer Provisionen für die Empfehlung von Produkten bekommt, kann im Sinne des Kunden nicht unabhängig beraten.

Was bedeutet das neue Gesetz also für Berater und Kunden? Zum einen müssen Honorar-Anlageberater dem Kunden mehrere Produkte empfehlen, sie sollen sowohl nach ihrer Art als auch nach dem Anbieter eine hinreichende Streuung aufweisen und nicht auf Anbieter oder Emittenten beschränkt sein, zu denen der Honorar-Anlageberater in einer engen wirtschaftlichen Verflechtung steht. Zum anderen darf sich der Honorar-Anlageberater allein durch den Kunden vergüten lassen. Die Vergütung des Beraters erfolgt zumeist nach Zeitaufwand auf Basis eines bestimmten Stundensatzes. Er darf also keine Provisionen oder sonstige Vergütungen für die Empfehlung eines bestimmten Anlageprodukts erhalten. Erhält er trotzdem Zuwendungen, so sind diese an den Kunden zu erstatten.

Bei einem Honorar-Anlageberater darf der Kunde also erwarten, dass  er nur diejenigen Finanzanlagen empfohlen bekommt, die für ihn am besten geeignet sind und nicht die höchsten Provisionen für den Berater versprechen. Hier greift das Gesetz leider viel zu kurz. Eine gute Anlageberatung besteht nicht darin, nur ein paar Produkte zu empfehlen. Diese beginnt mit einer ausführlichen Bedarfsanalyse der persönlichen Situation des Kunden, seiner Anlageziele sowie seiner Risiko- und Renditeerwartung. Auch eine fundierte Analyse der Produkte ist erforderlich. Aktienfonds ist nicht gleich Aktienfonds, hier gibt es enorme Qualitätsunterschiede. Um die Qualität beurteilen zu können, sind wiederum finanztechnisches Know-how, Erfahrung und exzellente Marktkenntnisse des Beraters erforderlich. Dazu gibt es in dem neuen Gesetz keinen Handlungsrahmen.

Eine unabhängige Anlageberatung sollte immer die Gesamtsituation des Anlegers und das Zusammenwirken der verschiedenen Assetklassen untereinander berücksichtigen. Der größte Haken erscheint deshalb die einseitige Fokussierung auf Wertpapieranlagen und -beratung. Die Beratung bei anderen Kapitalanlagen wie etwa Versicherungen oder Bausparverträgen ist im Gesetz nicht erfasst. Das ist umso erstaunlicher, als das Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland zu weniger als 10 Prozent in Investmentfonds angelegt ist, wohingegen fast 40 Prozent in Versicherungen und ähnlichen Produkten investiert sind. Damit wird suggeriert, dass ein provisionsgetriebener Verkauf hier keine Rolle spielt, was freilich nicht zutrifft.

Das Angebot einer honorarbasierten Anlageberatung ist keineswegs neu und wird von zumeist vermögenden Privaten schon lange genutzt. Über den provisionsbasierten Verkauf wird zwar häufig lamentiert, andererseits sind die meisten Anleger bisher nicht bereit, für eine unabhängige Beratung bei Finanzanlagen ein Honorar zu bezahlen. Das erscheint widersprüchlich, da vielen Anlegern die Vor- und Nachteile durchaus bewusst sind. Ob das Gesetz in der jetzigen Fassung der durchaus gut gemeinten Idee zum Durchbruch verhilft, bleibt daher abzuwarten.