Wenn in Deutschland über Altersvorsorge gesprochen wird, dann denken die Menschen an die staatliche Rentenversicherung, an betriebliche Rentenzusagen und an privat abgeschlossene Versicherungen. Alles richtig und wichtig, aber warum denkt niemand an Aktien als Baustein der Altersvorsorge?

 

Tatsächlich haben sie doch einige Stärken, die die anderen Instrumente ergänzen könnten: Aktien unterliegen nicht dem politischen Einfluss der staatlichen Rente, können von jedem (unabhängig vom Arbeitgeber) erworben werden und können bei Bedarf verkauft werden, ohne lange Bindungsfristen einzugehen. Mit ihnen profitiert man von der Wirtschaftskraft einer oder mehrerer Volkswirtschaften und hat über die Dividenden regelmäßige Zuflüsse. Auch der langfristige Zuwachs kann sich sehen lassen: investiert man langfristig in Aktien (z.B. über 20 oder 30 Jahre) sind durchschnittliche Renditen zwischen 7 und 10 Prozent pro Jahr eher der Normalfall als die Ausnahme.

Warum lassen mehr als 90 % der Bundesbürger bei ihrer Altersvorsorge dennoch Aktien links liegen? Weil sie – tatsächlich immer wieder stattfindende – Kurseinbrüche am Aktienmarkt fürchten, weil für viele der Aktienmarkt ein Buch mit sieben Siegeln darstellt und weil sie nie richtig über die Funktionsweise des Aktienmarktes informiert wurden. Wenn man dann noch in der Euphorie-Phase des Neuen Marktes 2000/01 kräftig gekauft und gleich wieder das Meiste verloren hat, dann steht für viele das Urteil fest: eine unseriöse Anlage für Zocker und Betrüger. Dass es für eine Volkswirtschaft wichtig ist, dass Unternehmen sich eben auch über Aktien und Eigenkapital finanzieren können, dürfte selbst im Wirtschaftskunde-Unterricht kaum Erwähnung finden.

Schade, denn die Aktien erfolgreicher DAX-Werte werden dennoch gern gekauft und entwickeln sich zumeist erfreulich. Sie liegen aber immer stärker in den Depots internationaler Investoren, die bei vielen DAX-Werten inzwischen mehrheitlich beteiligt sind. Die deutschen Privatanleger schauen zu, wie die erwirtschafteten Dividenden an US-Fonds oder Chinesische Staatsfonds fließen und warten auf den nächsten Rückschlag am Aktienmarkt, um feststellen zu können, wie gut es doch sei, keine Aktien zu besitzen. Man verhält sich wie eine Familie, die auf ihren Herd und die Zubereitung warmer Speisen vollständig verzichtet, weil man Angst davor hat, sich am Herd zu verbrennen.

Nun rätseln viele Experten – innerhalb und außerhalb des Deutschen Aktieninstituts – seit langem, wie man der Aktie auf die Sprünge verhelfen kann. Zahlreiche Aktivitäten sind löblich und sinnvoll, aber auch in ihrer Wirkung begrenzt. Vielleicht rückt die Aktie ja dann wieder in den Fokus, wenn der DAX über die Marke von 10.000 oder 20.000 Punkte klettert. Und wenn es „neue“ Marktsegmente an der Börse gibt, die zum Start sensationelle Kursentwicklungen fabrizieren. Dass dann die Risiken eines Aktien-Crashs viel höher sind als jetzt – das ist Teil der Erfahrung mit Aktien. Eine Erfahrung, die vielen Menschen gut tun würde, die sich mit ihrer Altersvorsorge beschäftigen.